„Ich dachte, nichts kann mich mehr erschüttern“

HSG Holding Graz Obmann Michael Schweighofer mit seinem Zwischenfazit zur bisherigen spusu Liga Saison, Spielverschiebungen und dem unterbrochenen Jugendtraining. Wie man einen Klub durch schwierige Zeiten führt und warum für ihn nicht immer alles ganz fair ist:

Das letzte Jahr war für alle ein sehr schwieriges Jahr, die Corona-Pandemie hat wohl alle voll erwischt. Wie ist es dem Verein ergangen, wie hast du persönlich dieses Jahr erlebt?

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Nach jeder Saison sage ich, dass mich nichts mehr erschüttern kann. Nach mehr als 24 Jahren Funktionärstätigkeit und davor 22 Jahren als Spieler hat man schon viel, eigentlich alles erlebt. Was soll da noch kommen. Und dann kommt die Pandemie! Da ist man zuerst einmal sprachlos und gelähmt und muss schauen, wie es weitergeht, jeden Tag! Und leider ist das noch immer so. Es waren und sind die herausforderndsten Monate in unserer Vereinsgeschichte und leider ist es noch nicht vorbei. Wenigstens konnten wir in der spusu Liga den Spielbetrieb beginnen, aber auch hier gab und gibt es viele Fragezeichen. Durch die vielen Spielausfälle bzw. Verschiebungen ist der Bewerb nicht mehr fair. Wir werden sehen wie das ganze weitergeht.

Gab es Ausfälle die der Verein verzeichnen musste, hat die Pandemie die spusu Vereine wirtschaftlich getroffen?

Uns hat im März – Juli die Kurzarbeit sehr geholfen, aber natürlich gab es Ausfälle bei den Sponsoren. Neben diesen ist es derzeit nahezu unmöglich neue Partner an Land zu ziehen.    Wir sind unseren bestehenden Sponsoren unheimlich dankbar, dass sie überhaupt weitermachen können, ich mache mir aber große Sorgen, ob das bei einigen auch weiterhin möglich sein wird. Neben den Ausfällen spielen wir seit Anfang November auch noch ohne Publikum, damit gehen auch hier Einnahmen verloren. Mit Livestreams versuchen wir weiterhin attraktiv für Fans und Sponsoren zu bleiben, das gestaltet sich aber mit jedem weiteren Monat ein bisschen schwieriger. Auch wenn es für uns kein Trost ist, sitzen wir hier mit allen anderen spusu Liga Klubs in einem Boot. Es gibt keinen Klub, der sich nicht wieder „Normalität“ herbeisehnt.

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Sportlich ist es der HSG Holding Graz leider nicht so gut ergangen, wie blickst du auf die letzten vier Monate zurück?

Sportlich war es heuer bisher sehr herausfordernd. Nach den Abgängen von Thomas Eichberger und Daniel Dicker sowie dem Karriereende vom Philipp Moritz haben wir versucht uns zu verstärken. Das ist mangels geeigneter, österreichischer Spieler am Markt nur zum Teil gelungen. Wir sind nicht besonders gut in die Saison gestartet, auch weil Nemanja Belos nach seiner Coronaerkrankung erst spät in die Vorbereitung einsteigen konnte und Jozsef Albek nach seinem Achillessehnenriss mehr Zeit benötigte, als prognostiziert. Dann haben sich auch noch weitere Spieler verletzt und wir mussten teilweise sogar ohne Legionäre spielen.

Im Gegensatz zu unseren von Corona gebeutelten Gegnern wurde uns aber keine „Erholungsphase“ seitens des ÖHBs gewährt. Fair ist das sicher nicht und darüber wird noch zu diskutieren sein, aber wir blicken trotzdem sportlich positiv voraus. Die letzten Spiele gegen die Meisterschaftsfavoriten aus Hard, die Fivers und Schwaz wurden nach ganz starken Leistungen nur knapp verloren. Da hat auch das Glück gefehlt, aber wir haben gezeigt, was möglich ist und darauf können wir aufbauen. Hätten wir gegen die direkten Konkurrenten, wie ursprünglich geplant spielen können, hätten wir vermutlich ein paar Punkte mehr auf dem Konto.

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Wie wirken sich Spiele ohne Zuseher auf die Spieler bzw. den Verein aus? Gehen dir die Fans ab?

Wir sind sehr froh, dass wir spielen dürfen, aber um ehrlich zu sein, richtiger Handball ist das nicht mehr. In jeder Runde geht es um Punkte, die Spiele fühlen ich aber teilweise wie Trainingsspiele an. Gerade zuhause merkt man, was der Support durch die eigenen Fans ausmacht.

Neben drei Spielen gegen Westwien, Ferlach und Krems blieben durch die Corona-Pandemie noch zwei Spiele gegen die HSG Bärnbach/Köflach und den HC Linz AG offen, gibt es schon Nachtragstermine, wie wirken sich diese Spielausfälle auf den Spielbetrieb aus?

Wir sind gerade dabei Spieltermine zu finden, aber es gibt nur wenige Optionen. Es droht, dass einige Teams bis zu 3 x pro Woche spielen müssen, das Verletzungsrisiko ist damit extrem hoch. Ich bleibe dabei, der ÖHB muss sich etwas einfallen lassen, zumindest mit uns Klubs Gespräche führen.

Bereits seit Ende Oktober darf unsere Jugend nicht mehr gemeinsam trainieren, was bedeutet das für unseren Verein, aber auch für den Sport? Wie wichtig ist die Jugend für den Verein? Denkst du ist eine baldige Rückkehr in die Halle für unsere Jugend möglich?

Unsere Trainerinnen und Trainer geben sich alle Mühe und versuchen vor allem durch Online-Trainings Kontakt mit unseren Jugendhandballern zu halten. Wir sind seht stolz, dass trotz dieser Bedingungen fast alle dabeigeblieben sind und regelmäßig bei den Onlineeinheiten teilnehmen, die gemeinsamen Trainings und der Wettbewerb fehlen natürlich allen. Wir hoffen, dass so viele Spieler wie möglich wieder zurückkommen. Je länger das Ganze dauert, desto problematischer wird das jedoch. Aber wir geben weiter alles, so lange wir eben können.

GEPA pictures/ Mario Buehner

Deine Wünsche und Ziele für das Jahr 2021 für den Verein und privat?

Endlich Normalität, die Liga und möglichst viele Jugendliche im Verein halten, gesund bleiben und ein paar Tage Urlaub, raus aus Graz.